Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

Erklärung zum US-Angriff auf Syrien

Montag, 10. April 2017 von Webredaktion

Nach der Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum US-Angriff auf Syrien vom 6.4.2017, die wir hier dokumentierten, erreichte uns heute eine Erklärung der Berliner Friedenskoordination (Friko), die wir nachfolgend veröffentlichen (Schreibfehler sind stillschweigend berichtigt): 

Gruppen der Berliner Friedenskoordination protestieren gegen den US-Angriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt al-Schairat

Wer am vergangenen Mittwoch (5.4.) in der ZDF-Sendung Markus Lanz den Ausführungen des renommierten Syrien-Experten Dr. Michael Lüders zugehört hat, war Zeuge einer Sensation. Lüders berichtete von seinen Recherchen zum verheerenden Giftgasangriff auf das syrische Ghuta am 21. August 2013 mit 1.400 Toten. Die US-Regierung unter Barack Obama sei mit ihrem Urteil über die Urheberschaft schnell bei der Hand gewesen: die syrische Regierung sei es gewesen. 2012 schon hatte Obama für den Fall des Giftgaseinsatzes der syrischen Regierung militärische Konsequenzen angedroht. Nun schien die „rote Linie“ überschritten. Obama zog Truppen zusammen und der Angriff auf Syrien drohte. Lüders‘ Recherchen ergaben jedoch, dass US-Geheimdienste Obama vor dem Angriff warnten, deshalb, weil herauskam, dass das eingesetzte Sarin – aufgrund seiner Zusammensetzung – nicht aus dem syrischen Arsenal stammte. Zusätzlich sei den US-Geheimdiensten am 20. Juni 2013 bereits bekannt geworden – das ist die Sensation – dass der türkische Geheimdienst MIT den syrischen Al-Kaida-Ableger al-Nusra Sarin zukommen lassen hatte, und Al-Nusra in der Lage gewesen sei, diesen geächteten Kampfstoff selbst herzustellen. Lüders geht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass beide den Giftgasanschlag von Ghuta zu verantworten haben – jedenfalls mit hoher Bestimmtheit nicht die syrische Regierung. Der US-Angriff blieb damals aus. Nur deshalb, weil Russland Obama vor einem Gesichtsverlust mit dem Angebot retten konnte, dass Syrien dem Chemiewaffenübereinkommen beitrat. In einer aufwendigen Aktion wurden die C-Waffen aus Syrien entfernt und vernichtet. Die damit beauftragte UN-Organisation OPCW erhielt den Friedensnobelpreis.

Wiederholt sich die Geschichte?

Wir wissen es nicht. Am 4.4. erfolgte ein Giftgasanschlag im syrischen Chan Scheichun mit über 80 Toten. Die US-Regierung unter Donald Trump machte flugs den Täter im syrischen Präsidenten Baschar al-Assad fest. Belege dafür hatte sie nicht. Denn bisher liegen keine Ergebnisse vor über die Zusammensetzung des chemischen Kampfstoffs. Die Beschreibungen des Tatvorgangs sind widersprüchlich, selbst die Uhrzeit ist strittig. Die Täter sind nicht ermittelt, geschweige denn besteht Klarheit über das Motiv der Täter. Ohne diese notwendige Untersuchung überhaupt erst einzuleiten, wird der denunzierte Täter flugs bestraft.

Wir verurteilen diesen US-Angriff als Aggression. Es liegt kein Mandat des UN-Sicherheitsrats vor. Die USA sind nicht angegriffen worden, so dass ihre Regierung sich nicht auf Notwehr berufen kann. Der Angriff trifft die Regierung eines Landes, das Mitglied der Vereinten Nationen ist und den Schutz der Völkergemeinschaft genießt. Die US-Regierung bricht hier bewusst das Völkerrecht. Die USA ist Wiederholungstäter. Denn sie tat das schon im Jugoslawienkrieg 1999, im Irakkrieg 2003 und im Libyenkrieg 2011. Und es ist nicht so, dass die Bundesregierung zu diesem neuerlichen Rechtsbruch nur schweigt, nein, sie begrüßt ihn. Das empört uns!

Wir fordern die Bundesregierung auf, den Völkerrechtsbruch der USA zu verurteilen.

Hier herrscht nicht die Stärke des Rechts, sondern das Recht des (vermeintlich) Stärkeren – das Faustrecht. Die USA unterminieren die internationale Rechtsordnung!

Dieser Kriegsakt ist eine US-Machtdemonstration. Er soll einschüchtern. Nicht nur die syrische Regierung, auch Russland, China, den Iran, Nord-Korea und manche andere. Er trägt zur weiteren weltweiten Verunsicherung bei und erschüttert das Verhältnis der ohnehin zerbrechlichen Beziehungen zu den Atommächten Russland und China. Die Trump-Regierung muss darin gestoppt, nicht ermuntert werden!

Die US-Aggression trägt nicht zur Beruhigung des Syrienkrieges bei, denn die Forderungen der Dschihadisten an die USA, den Bombenkrieg auf andere Luftwaffenstützpunkte auszuweiten, stehen einer Verhandlungslösung diametral entgegen. Dabei ist klar, dass dieser erbittert geführte zähe Krieg sobald wie möglich durch Verhandlungen beendet werden muss.

Und wenn sich die Geschichte doch wiederholt? Wir wissen es nicht. Erst die Zukunft wird es möglicherweise zeigen.

Augenfällig ist schon, dass der Zeitpunkt des Giftgasanschlags unmittelbar vor dem Beginn einer internationalen Syrien-Konferenz erfolgte. Die dort versammelten Außenminister der Anti-Assad-Front verurteilten die syrische Regierung und forderten den Abgang Assads. Syrien sei nur ohne ihn als Präsident vorstellbar. Kann die syrische Regierung Urheber dieser Tat sein, wenn sie damit rechnen muss, dass sie einzig Wasser auf die Mühlen ihrer Gegner ist?

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