Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

Hoffmann, Adolph

Adolph Hoffmann
(geb. 23.03. 1858 Berlin, gest. 01.12.1930 Berlin)

Der Freireligiöse, Publizist, Verleger und sozialistische Politiker JOHANN FRANZ ADOLPH HOFFMANN wurde in Berlin als uneheliches Kind geboren. Seine Mutter kam aus einer streng katholischen Fischerfamilie und arbeitete als Dienstmädchen. Aber sie starb frühzeitig und so wuchs A. H. bei der Großmutter, in Kinderheimen und bei Pflegeeltern auf. Bis zum Lehrbeginn 1872 besuchte er nur dreieinhalb Jahre die Gemeindeschule, denn schon früh musste er zu seinem Lebensunterhalt beitragen. A. H. war Autodidakt und lernte zunächst Graveur und Vergolder, dann arbeitete er als Hausierer, später als Verleger, Buchhändler und Publizist.

Seit 1873 besuchte A. H. regelmäßig Veranstaltungen der Berliner Freireligiösen Gemeinde, kam hier mit Gewerkschaftern und aktiven Sozialisten in Kontakt und wurde 1876 selbst Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Bald übernahm er kleinere Aufträge und wurde einer der sozialdemokratischen Vertrauensmänner und dann kommissarischer Leiter der Berliner Freireligiösen.

1881 nahm er am Gründungskongress des Deutschen Freidenkerbundes teil.

Ende 1883, noch während des Sozialistengesetzes (1878 bis 1890) wurde A. H. für mehrere Wocheninhaftiert. Danach musste er Berlin verlassen und übersiedelte nach Halle/Saale. Dort schaltete er sich schnell wieder in die politische Arbeit ein. Seine Buchhandlung wurde eine VertriebsstelIe des illegalen Parteiorgans „Sozialdemokrat“. Als Mitglied der Leitung der sozialdemokratischen Organisation für die Provinz Sachsen und Thüringen seit 1886 war er für die Regionen Merseburg-Querfurt, dann Naumburg-Zeitz-Weißenfels verantwortlich.

1887 kandidierte er erstmals für den Reichstag und nahm 1889 am Gründungskongress der Internationalen teil. Hier lernte er FRIEDRICH ENGELS (1820-1895) und andere namhafte Vertreter der internationalen Arbeiterbewegung kennen.

Als unermüdlicher Agitator und seit 1890 als Redakteur des „Volksboten“ in Zeitz publizierte er im eigens 1891 dafür gegründeten Verlag die Schrift ,.Die zehn Gebote und die besitzende Klasse“. In Form einer Gegenüberstellung der zehn christlichen Gebote und der kapitalistischen Wirklichkeit entlarvte er die Doppelmoral der herrschenden Klassen. Er wurde mit dieser Schrift, die bis 1922 in 15 Auflagen zu je mindestens 10000 Exemplaren erschien und seit 1903 ein Vorwort von CLARA ZETKIN (1857-1933) enthielt, mit einem Schlage weithin bekannt als der Zehn-Gebote-Hoffmann.

1893 kehrte A. H. nach Berlin zurück und schloss seinem Verlag noch einen Versandbuchhandel an. Neben freidenkerischer und sozialistischer Literatur vertrieb er auch viele kleine Volksstücke, die er meist selbst verfasste und mit dem Pseudonym ,.J. F. A. VOLKMANN“ zeichnete.

Schon früher als kommissarischer Leiter der Freireligiösen Berlins tätig, wurde A. H. zunächst Zweiter und war von 1913 bis 1926 Erster Vorsitzender der Berliner Gemeinde und organisierte die Kirchenaustrittsbewegung der SPD mit.

Als Stadtverordneter (seit 1900), Mitglied des Reichstages (1904- 1906 und 1920-1924) und des Preußischen Landtages (1908-1921 und 1928-1930) trat er in fast allen Debatten zur Schul- und Kirchenpolitik auf, forderte die Trennung von Staat und Kirche sowie die Ausbildung aller Jugendlichen entsprechend ihren Fähigkeiten, basierend auf den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft.

Als entschiedener Gegner der imperialistischen Militär-, Kolonial- und Kriegspolitik lehnte A. H. die Burgfriedenspolitik der sozialdemokratischen Führung nach dem 4. August 1914 ab und solidarisierte sich mit dem konsequenten Antikriegskampf von KARL LIEBKNECHT (1871-1919). Seit Juni 1916 als Leiter des Verbandes sozialdemokratischer Wahlvereine Berlins und Umgegend tätig, hatte er maßgeblichen Anteil an der Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) 1917, war Mitglied ihres Zentralkomitees und gehörte zu deren linkem proletarischen Flügel.

Den Aprilstreik 1917 und den Januarstreik 1918 organisierte er an führender Position mit, solidarisierte sich mit den russischen Februar- und Oktoberrevolutionen und rief die deutschen Arbeiter zur Nachahmung auf.

Während der Novemberrevolution 1918 in Deutschland unterstützte A. H. die Losungen des Spartakusbundes „Alle Macht den Räten! Gegen die Nationalversammlung!“ und trat nur auf Drängen des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates in das preußische Kultusministerium ein. Gegen den Widerstand konservativer und kirchlicher Kreise, aber auch eher rechter Führer von SPD und USPD setzte er die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht und die Trennung von Schule und Kirche durch und sicherte so Ergebnisse der Novemberrevolution.

Vor allen Dingen der Kapp-Putsch 1920 (so benannt nach dem konservativen Politiker und ostpreußischen Generallandschaftsdirektor WOLFGANG KAPP [1858-1922]) stärkte in A. H. die Überzeugung, dass Militarismus und Reaktion dauerhaft nur ausgeschaltet, die Demokratie gefestigt werden kann, wenn mit der bürgerlichen Koalitionspolitik gebrochen wird. Dafür hielt er es für unbedingt notwendig, dass die Arbeiterorganisationen in Aktionseinheit zusammenwirkten, besser aber noch, wenn die Arbeiterparteien sich wieder vereinigten. Dabei sollten zunächst KPD und USPD zusammengehen, da ihre Differenzen am geringsten wären.

Seit Oktober 1920 war ADOLPH HOFFMANN neben ERNST DÄUMIG (1866-1922) Vorsitzender der USPD (Linke). Der Vereinigungsparteitag von KPD und USPD (Linke) wählte ihn im Dezember gleichen Jahres in die Zentrale der VKPD und zum Vorsitzenden ihrer Reichstagsfraktion.

Energisch stritt er für das weitere Zugehen auf die Massen und wandte sich gegen jegliches Sektierertum. Da es jedoch darüber Differenzen in der Führung gab, legte er im Februar 1921 gemeinsam mit DÄUMIG, dem Parteivorsitzenden PAUL LEVI (1883-1930), CLARA ZETKIN u.a. seine Funktionen nieder.

An seiner Stelle trat neben anderen MAX SIEVERS (1887-1944) zeitweilig in die Zentrale ein. Im Ergebnis der Märzkämpfe spitzten sich die Diskussionen über die weitere Strategie und Taktik zu. Enttäuscht verließ A. H. im Herbst 1921 die KPD wieder, schloss sich der von PAUL LEVI (1883-1930) gegründeten Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft an und kehrte mit dieser über die USPD (Rechte) 1922 zur SPD zurück. Hier gehörte er zu deren linkem Flügel und bekämpfte entschieden den erstarkenden Nazismus und Antisemitismus. Besondere Bedeutung hatte dabei sein Büchlein „Der Jude wird verbrannt!“

A. H. befürwortete die Realpolitik, lehnte indessen die Ermächtigungsgesetze, die Fürstenabfindung und eine Politik der Großen Koalition ab. Als entschiedener Gegner von Imperialismus, Militarismus und Krieg bis zuletzt war er – so gesehen – auch ein Gegner der Weimarer Republik, denn sie wäre nach seiner Auffassung nach wie vor eine kapitalistische Gesellschaft, in der nach 1918 nur der Name geändert wurde, nicht aber die innere Einrichtung.

A. H. verstarb am 1. Dezember 1930 in Berlin. Seine Urne wurde auf dem Zentralfriedhof Berlin-Lichtenberg beigesetzt und ist seit 1951 Teil der Gedenkstätte der Sozialisten.

Literatur:

BANDUR, GERNOT: Adolph Hoffmann: Feuriger proletarischer Vulkan. – Berlin : Selbstverlag, I. Aufl. 2000, 2. Aufl. 2001,

JESTRABEK. HEINER: Wer war Adolph Hoffmann? – In: Freidenker. – Köln 60(2001)1. – S. 42-44.

GROSCHOPP, HORST, „Los von der Kirche“, Adolph Hoffmann und die Staat-Kirch-Trennung in Deutschland, Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Berlin, Bd. 2. 157 Seiten, kartoniert, Euro 15.-, ISBN 978-3-86569-056-2

Die 6 Autoren würdigen Hoffmanns Wirken in der freidenkerischen Kulturbewegung. Beigegeben sind A.Hoffmanns Artikel „Minister Haenischs Gang nach Canossa“ (1919) und „Unter den Linden 4“ (1920). Sowie eine Auswahlbibliographie seiner Schriften. Mehr als 30 Fotos lockern die Darstellungen auf.

GERNOT BANDUR

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