Wir möchten versuchen, die Lage zu umreißen, in der diese Diskussion stattfindet:
Rasante hausgemachte Inflation, großflächige Zerstörung von Produktion, Handel und Lieferketten, Zusammenbruch der Energie- und Nahrungsversorgung, „Frieren und Hungern gegen Putin“ (also: „für die USA“), Dauerpropaganda zur Unterstützung eines offenkundig faschistischen Staates (Ukraine) und seines nicht gewinnbaren Krieges; das alles mit selbstverständlichem Auftreten der BRD als Kriegspartei – und nun ein offener Terrorakt zum Nutzen der Kriegstreiber gegen die deutsche und europäische Gasversorgung:
Auch unter den schwierigen deutschen Klassenkampf-Bedingungen ist es unübersehbar, dass Werktätige und Kleinunternehmer gemeinsam gegen die existenzbedrohende Regierungs-, EU- und NATO-Politik aufstehen. Das geschieht teilweise unter sehr bewussten Losungen, teilweise schwach organisiert und spontan. Es betrifft die Stimmungen im Lande auch da, wo noch nicht demonstriert wird. In anderen Ländern der EU dasselbe Bild, wobei die Proteste dort teilweise weiter fortgeschritten sind.
Es waren die herrschenden Kreise der BRD selber, die angesichts ihrer volksfeindlichen Politik das Gespenst von ‚Massenaufständen im Herbst‘ beschworen. Das geschah sogar durch den Mund jener Speerspitze, die am fanatischsten für die deutsche Beteiligung am dritten Weltkrieg gegen Russland und für den Faschismus trommelt: Außenministerin Baerbock brachte vor einigen Monaten das Wort „Volksaufstände“ auf. Das wurde durch sämtliche NATO-Medien „in großer Sorge“ weiterverbreitet.
Daran ist zweierlei bemerkenswert.
Nun steht der Herbst vor der Tür. Die Liste von Protestkundgebungen in deutschen Städten ist bereits zu lang, um hier angeführt zu werden. Allein in Plauen und Lubmin waren am vergangenen Wochenende zusammengenommen über 10 000 Bürger auf der Straße, es kommen zahlreiche weitere Kundgebungen dazu, nicht nur an Wochenenden, nicht nur „im Osten“.
In den Metropolen, wo die gut eingespielten Netzwerke der rot-grünen Reaktion und ihrer Vorfeldorganisationen als Verlängerung der NATO-/EU-Politik in die „Zivilgesellschaft“ wirken, sieht die Sache häufig noch anders aus. Wer die Entwicklungsstadien eines „heißen Herbstes“ verfolgt, sieht, dass es „die Peripherie“, „das Land und Umland“ ist, wo Bürger gegen diese Regierung am entschlossensten auf die Straße gehen. „Dem Osten“ kommt eine Vorreiter-Rolle zu, aber er steht nicht allein. Es sind Kleinunternehmer, Bäcker, Handwerker, Bauern, Proletarier, auch solche Gruppen wie Biker, die auf die Straße gehen, weil ihre Lebensverhältnisse in der Substanz zerstört werden. Ein Überblick über die Losungen zeigt, dass es gegen die Sanktionspolitik, für die Einschaltung von Nordstream 2, gegen die Inflationspolitik und um die Verteidigung der Produktionssphäre geht. Immer wieder taucht der Ruf auf: „Wir lassen uns nicht spalten!“.
Die Frontlinie ist klar und einfach. Aber die Gesamtlage, in der wir nach einer Strategie und Taktik zur Unterstützung der Proteste suchen müssen, ist wie immer kompliziert und oft von Fallstricken durchsetzt.
Wir freuen uns, dass unser Genosse Thomas Loch aus Quedlinburg die Einführung ins Thema übernimmt. Er ist seit über zwei Jahren ein aufmerksamer Beobachter und Teilnehmer von Protesten in seiner Region.
Wir hoffen auf einen Austausch, in den viele Aspekte aus eigenen Erfahrungen der Teilnehmer einfließen können.
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