Heute jährt sich der Tag, an dem Max Sievers (1887-1944) vom faschistischen Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wurde zum 73. Mal. Es war am 17. November 1943.
Im Jahr 2004 haben die Freidenker ein Heft ihrer Schriftenreihe „Freidenker“ speziell der Würdigung des Freidenkers, Sozialisten und Widerstandskämpfers gewidmet (Spezial 3-2004). Gernot Bandur, einer unserer verdienten Genossen, hat in diesem Heft die politische Biografie von Max Sievers skizziert. Sein Beitrag stützt sich auf umfangreiches Quellenmaterial (Der Anmerkungsteil enthält 69 Einträge und wertet rund 40 historisch-biografische Quellen aus.) und ist damit nicht nur Hauptbeitrag der vorliegenden Broschüre, sondern zugleich eine Fundgrube für Jeden/Jede, der sich für die Geschichte der politischen Kämpfe in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts interessiert.
Auch Max Sievers selbst kommt in längeren Zitaten zu Wort und erweist sich oft als erstaunlich aktuell, z. B. mit diesen Worten aus dem Jahr 1919:
„Für jede Partei, die sich das Ziel gesteckt hat, eine Gesellschaftsordnung zu stürzen, um eine neue aufzurichten, gibt es eine Stufe der Entwicklung, wo ihrem weiteren Aufstieg als Partei eine nicht zu überschreitende Grenze gesetzt ist. Das ist der Augenblick, wo sie stark genug ist an Zahl und Kräften, um einen Teil der Staatsmacht zu übernehmen, aber es ihrem Klassenstandpunkt nach vermeiden muss, durch eine solche Verbindung mit dem Staat, demselben Rückhalt und Stärkung zu geben statt ihn niederzuringen. Hier ist der Augenblick, wo der Partei der Zerfall droht. Die Geister scheiden sich in zwei Gruppen. Die einen verlangen die Beteiligung an der Staatsgewalt in der Hoffnung bald alles zu haben, wenn sie vorläufig die Hälfte nehmen, die anderen kämpfen gegen eine solche Beteiligung aus der Erkenntnis heraus, dass sie damit einem erlahmenden Gegner mit den eigenen Kräften wieder aufrichten würden, um ihn dauernd lebensfähig zu machen. Gelingt es der Partei aber, diese innere Krisis mit dem Resultat zu überwinden, dass sie programmtreu bleibt, das heißt keine Liaison mit den herrschenden Gewalten eingeht, so erlahmt dennoch auf der Höhe ihrer Macht die Kraft, weil sie trotz ihres gewaltigen Apparates nichts die Massen Packendes unternehmen kann, weil sie trotz ihrer Stärke keinen tatsächlichen Einfluss auf die tatsächlichen Gewalten ausübt, sie verliert an Werbekraft, weil sie trotz ihrer Größe den Massen für den Moment nichts zu bieten vermag….
Es ist also die Aufgabe einer politischen Partei, … dass sie… dem Proletariat die Organisationsformen anweist und erkämpft, durch die es sich den Sieg erstreiten kann.“
Zu diesen Organisationsformen rechnet Sievers, wie Bandur erläutert, die Räte in den Betrieben (Arbeiterräte) und die kommunalen Räte.
Hier sind Erfahrungen und Überlegungen dokumentiert, die auch heute noch, hundert Jahre später und unter wesentlich veränderten Bedingungen, gültige Anregungen geben, ja Anstöße darstellen können. Die aktive Auseinandersetzung mit Max Sievers lohnt sich, sowohl mit den Erkenntnissen, die der formuliert hat, als auch mit den Widersprüchen und Wendungen seines Lebens, die Ausdruck und Bestandteil eines nun mehr als hundert Jahre währenden Kampfes um Sozialismus und Frieden und gegen Kapitalismus und Faschismus sind.
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