Dass die Meinungsfreiheit ein „hohes Gut“ sei, ist ein bekannter Gemeinplatz bürgerlicher Politiker und ihrer Presse. Feierlich wird er vorgetragen, obwohl doch jeder weiß, dass es in Wirklichkeit nur EIN „hohes Gut“ gibt – GELD, allenfalls noch ein zweites – MACHT, beide garantiert durch das allerhöchste Gut – das KAPITALISTISCHE PRIVATEIGENTUM AN DEN PRODUKTIONSMITTELN des menschlichen Lebens.
Der formale Charakter der bürgerlichen Freiheiten in der bürgerlichen Gesellschaft hat viele Sozialisten, Kommunisten, überhaupt Gesellschaftskritiker, verleitet, sie gering zu schätzen. Nicht selten hat man sich herablassend oder gar feindselig über sie geäußert. (Besonders irrwitzig war es dann, die bürgerlichen Freiheiten aufzuschreiben ohne wenigstens ihren formale Geltung zu garantieren – klassisches Beispiel die Stalinsche Verfassung von 1936, die „demokratischste Verfassung der Welt“.) Kurz: Oftmals hat man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
In Wahrheit gehört die Meinungsfreiheit zu den elementaren, in jeder Hinsicht unverzichtbaren Elementen einer jeden Gesellschaft, die beansprucht demokratisch zu sein. Die Meinungsfreiheit (und alle bürgerlichen Freiheiten) sind nicht die Emanzipation selbst aber sie sind unerlässliche Bedingungen der Emanzipation. Sie haben eine nicht ersetzbare Vermittlungsfunktion im Prozess der menschlichen Emanzipation. Fast überflüssig zu Sagen, dass diese altehrwürdige Tatsache unter den Bedingungen des Internets in der Potenz gilt.
Meinungsfreiheit meint nicht, dass von einer Million Menschen jeder einen Monolog hält, zwar lauthals aber nur die Luft bewegend. Geäußerte Meinung zielt auf geäußerte Meinung und möchte diese beeinflussen, verändern. (Das geschieht oft aber nicht immer mit der Absicht ein bestimmtes Tun auszulösen.) Der Zusammenprall unterschiedlicher Meinungen führt zu Reibungen und steigert sich nicht selten zum Streit, der meist umso heftiger wird, je gegensätzlicher die Meinungen sind. MEINUNGSSTREIT IST KEIN FEHLER, KEINE ENTGLEISUNG, SONDERN DIE WIRKLICHKEIT GELEBTER MERINUNGSFREIHEIT. Der Abbruch des Meinungsstreits (der angefangen mit harmlosen Formen sich bis zu bitterbösen, ja lebensbedrohlichen steigern kann) ist ein Ausdruck gesellschaftlicher Pathologie. In dem Film „Comrade, where are you today?“ der finnischen Regisseurin Kirsi Marie Liimatainen sagt eine libanesische Mutter bitter: „Die Menschen diskutieren nicht mehr…, sondern sprechen mit Schüssen.“ (Vorgemerkt: Die Berliner Freidenker erwägen, diesen Film zum Thema einer ihrer Gesprächsrunden zu machen und dazu die Regisseurin einzuladen.)
Provozierend möchte ich sagen: „Es gibt keine!“
Aber das ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Schon jeder Mensch individuell gibt sich Regeln, umso mehr müssen das Menschen tun, die wechselwirken und sich austauschen wollen. Entscheidend ist, dass die Regeln oder Begrenzungen der tatsächlichen Meinungsfreiheit dienen. Sie sind ihr nachgeordnet, sind sekundär und nicht umgekehrt!
Den allgemeinsten Rahmen der Freiheit und des Streits der Meinungen einer Gesellschaft definiert ihre Verfassung. In der BRD erfüllt diese Aufgabe gegenwärtig das Grundgesetz. Es „verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. Der Name dieses Tages scheint „St. Nimmerlein“ zu sein. Das demokratische Defizit der BRD gegenüber der DDR kommt auch darin zum Ausdruck, dass die DDR eine solche vom Staatsvolk 1968 in einem Volksentscheid bestätigte Verfassung besaß.
Selbstverständlich geben sich Gruppen innerhalb der Gesellschaft, die besondere Ziele verfolgen, ihre eigene „Verfassung“, also Programme, Statuten, Grundsatzbeschlüsse usw. Sie orientieren und begrenzen den Meinungsstreit innerhalb der Gruppe. Vor allem aber wollen sie ihn für die Gruppenziele fruchtbar machen. So wird eine Gruppe des ADFC einem leidenschaftlichen Verfechter der automobilgerechten Stadt wohl kaum die Meinungsführerschaft zugestehn. Es gibt geschlossene Gruppen, bis hin zu Verschwörungen und Kriminalität, die ihre eigenen strikten Regeln des Umgangs mit Meinungen und Meinungsaustausch durchsetzen, ggf. unter Verletzung der gültigen verfassungsrechtlichen Normen.
Natürlich haben linke Gruppen und Organisationen mit den Letztgenannten nicht das Geringste zu tun. Sie sind vielmehr deren Antipoden. Linke Gruppen und Organisationen (einschließlich der Freidenker) haben die Besonderheit, dass sie zwar gegenüber der Gesellschaft eigenständig organisiert sind, aber dass sie keine partiellen, im Sinne von eigennützigen Interessen verfolgen. Uneingeschränkt gelten die 170 Jahre alten Sätze aus dem „Kommunistischen Manifest“: „Die Proletarier haben nichts von dem Ihrigen zu sichern, sie haben alle bisherigen Privatsicherheiten und Privatversicherungen zu zerstören… Alle bisherigen Bewegungen waren Bewegungen von Minoritäten oder im Interesse von Minoritäten. Die proletarische Bewegung ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl.“ (Kapitel I. des Manifests der Kommunistischen Partei).
Linke Gruppen und Organisationen sind Bewegung der „ungeheuren Mehrzahl“, gerichtet auf die „ungeheure Mehrzahl“. Daraus folgt der grundsätzlich ÖFFENTLICHE CHARAKTER ihres Wirkens. Dazu genügt es nicht, dass „das Wohl unserer Menschen“ in den internen Papieren der „Ritter der Tafelrunde“ beschworen wird oder die Versicherung, dass „Kultur jeder zweite Herzschlag unseres Lebens“ sei. Grundsätzlich unverzichtbar ist hingegen, dass der Meinungsstreit öffentlich ausgetragen wird; öffentlich und nicht scheinöffentlich, also bei voller Transparenz. Das hat einige beachtliche Konsequenzen.
Auch bei den FREIdenkern herrscht, wie könnte es anders sein, MeinungsFREIHEIT. Selbstverständlich lebt diese in der Tat im öffentlichen Meinungsaustausch und Meinungsstreit. Für den sind das Verbandsstatut und die Beschlüsse der Verbandstage verbindlich. Das schließt auch das Recht jedes Mitglieds ein, in den Verbandsorganen zu publizieren oder sich in beliebiger Weise zu äußern. (Die bei Druckerzeugnissen naturgemäß gegebenen Einschränkungen, sind mit dem basisdemokratischen Potential des Internets zumindest im Prinzip/nach ihrer technischen Seite überwunden.) Es gibt kein Organ im Freidenkerverband, das das Recht hätte dieses Veröffentlichungsrecht jedes Mitglieds zu beschränken, wie andererseits jedes Mitglied das Recht hat, verbandsschädigende Äußerungen zurückzuweisen und ihre Rücknahme/Löschung zu verlangen (worüber statutengemäß zu entscheiden ist). Webmaster (im Unterschied zu Redaktionen) haben die Veröffentlichungen nur technisch-organisatorisch zu sichern und auf die Einhaltung gewisser Standards der Kommunikationskultur zu achten. Sie sind nicht zur inhaltlichen Steuerung des Meinungsstreits berechtigt. Wie könnten sie auch: Aufklärung entsteht nicht dadurch, dass Aufzuklärenden von einer Zentrale oder sonstwie befugten Personen einstimmig (oder mit Mehrheit) Beschlossenes zugeleitet wird. Aufklärung stützt sich auf Wahrheit und diese hat damit zu tun, dass kommunizierende Subjekte „Abbilder“ des Objektiven/der objektiven Realität erarbeiten, die mit diesem Objektiven immer besser übereinstimmen. In diesem Zusammenhang darf der oder die philosophisch Interessierte Marxens Feuerbachthesen (ungeachtet, dass darüber Bibliotheken vollgeschrieben worden sind) einfach wörtlich nehmen.
Oben war die IM PRINZIP gegebene basisdemokratische Potenz des Internets erwähnt. Diese Möglichkeiten müssen bewusst erschlossen werden. Auch die Freidenker wissen, dass da „Mühen der Ebene“ warten.
Mailinglisten sind legitime Mittel des mehr oder weniger internen Meinungsaustauschs. Sie sind bestenfalls halböffentlich mit allen damit verbundenen überschaubaren Vorteilen und bedeutenden Mängeln.
Es geht um die sogenannten „Sozialen Medien“. Ich hasse Facebook und kann Jeden verstehen, der sich diesem scheinbar „unausweichlichem Schicksal“ nicht ausliefern will. Ich bin dort nicht aktiv. Nach allem, was ich auf dem ptm-Festival im Juni 2017 zum ersten Mal erblickt und seitdem detaillierter erfahren habe, wird mit Leidenschaft, Sachkenntnis und hoher finanzieller Einsatzbereitschaft an einer demokratischen, offenen und weit leistungsfähigeren Lösung als Facebook gearbeitet. Sie heißt „HUMAN CONNECTION“, und ich unterstütze sie mit Nachdruck.
Die GeschichtsKorrespondenz wird vom Marxistischen Arbeitskreis zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der Partei DIE LINKE herausgegeben. Sie erscheint vierteljährlich und wird Mitgliedern und Interessenten des Arbeitskreises über das Internet kostenlos zur Verfügung gestellt. Neue Interessenten teilen bitte ihre Mail-Adresse entweder per Mail an marxistischer.arbeitskreis@die-linke.de oder per Post an die Redaktion (Dr. Günter Wehner (V.i.S.d.P.), Sella-Hasse-Str. 9, 12687 Berlin) … mit.
Die Ausgabe 3/2017 enthält – ein Novum – drei Beiträge nur eines einzigen Autors. Es sind dies von
Prof. Dr. Heinz Karl:
Jede und Jeder kann sich von der Qualität dieser Beiträge überzeugen, denn sie sind hier online verfügbar.
Hier, im Archiv, ist eine große Anzahl früherer Ausgaben der Geschichtskorrespondenz online verfügbar.
Wiederholt hat Prof. Dr. Karl in früheren Beiträgen (z. B. in den Ausgaben 2/14 oder 2/15) seine Kompetenz in Sachen Oktoberrevolution und die Folgen unter besonderer Berücksichtigung des Wirkens Lenins bewiesen.
Ich schätze die GeschichtsKorrspondenz hoch ein als wissenschaftliche Fundgrube für die in der Jetztzeit angekommenen Marxisten-Leninisten. (Diese Marxisten-Leninisten zeichnen sich u. a. durch ihr Bemühen aus, das Erbe sowohl von Marx als auch von Lenin für die politischen Kämpfe von heute und morgen produktiv zu machen. Das schließt ihre schonungslose marxistische Kritik Stalins, des Stalinismus und des Neustalinismus ein.)
So ist sehr zu wünschen, dass der Deutsche Freidenkerverband die erklärte Bereitschaft des hervorragenden Gelehrten Prof. Dr. Heinz Karl wahrnimmt, an der geplanten Konferenz
am 30.9. 2017 in Berlin in angemessener Weise aktiv mitzuwirken.
Bis zum Hamburger Gipfeltreffen war die Gruppe der G20-Staaten in Deutschland so gut wie unbekannt. Dabei gibt es sie auf der Ebene der Regierungschefs bereits seit 2009, und elf Gipfel fanden seitdem statt. Ganz anders als in Deutschland ist die Sicht auf die Gruppe hingegen in Ländern wie China, Indien, Russland oder Japan, wo sie als wichtiger Schritt hin zu einer multipolaren Weltordnung verstanden und gewürdigt wird. Die Japanische Kommunistische Partei sieht in ihrer Etablierung sogar einen Beitrag zur „Demokratisierung der Weltwirtschaft“ [1]
Die Legenden über die G20 …
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Ein wenig bekannter Artikel von Nick Brauns, „junge Welt“ vom 19.4.2003:
Der XII. Parteitag der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki), der vom 17. bis zum 23. April 1923 in Moskau tagte, war der erste Parteitag der Bolschewiki, an dem Lenin nicht teilnahm. Er war nach dem dritten Herzinfarkt am 9. März des Jahres halbseitig gelähmt und der Sprachfähigkeit beraubt. Vorher aber hatte Lenin nach seinen eigenen Worten noch eine politische »Bombe gegen Stalin« vorbereitet.
Schon länger hatte Lenin die zunehmende Bürokratisierung des Partei- und Staatsapparats beklagt und das Agieren des Generalsekretärs kritisiert. In seinem im Dezember 1922 verfaßten sogenannten Testament hatte er erklärt, er sei nicht überzeugt, daß Stalin, der »eine unermeßliche Macht in seinen Händen konzentriert«, »es immer verstehen wird, von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen«. Da dieser »zu grob« sei, schlug Lenin die Ablösung Stalins vor.
Der Hebel zum Sturz Stalins sollte die Georgien-Frage werden….
Auf unserer gestrigen Leitungssitzung haben wir erneut festgestellt und wollen es nun auch öffentlich machen:
Wir freuen uns über die gute Zusammenarbeit und Unterstützung, die wir von Freidenkern anderer Landesverbände erfahren.
Unser Dank gilt zunächst der Leitung des Brandenburger Landesverbandes, die mit uns schon lange und bei vielen Anlässen, sei es die Rosa-Luxemburg-Konferenz, Ostermarsch und andere Friedensaktionen, die Webarbeit bis hin zu gemeinsamen Veranstaltungen, erfolgreich zusammenarbeitet.
Unser Dank gilt in besonderem Maße Dr. Ulf Rassmann, auf dessen tatkräftigen und sachkundigen Einsatz wir uns nun schon mehrfach stützen konnten. Bisheriger Höhepunkt dieses Engagements war sein Vortrag beim ptm-Festival am 25.6.2017 in Niedergörsdorf, der eine ausgezeichnete Resonanz hatte.
Und zu besonderem Dank sind wir auch Thomas Loch verpflichtet, der mit seiner „Stadtführung vom Feinsten“ am 7.7.2017 in Quedlinburg ganz wesentlich dazu beigetragen hat, unserer „Mittelalter-Luther-Müntzer-Fahrt“ einen mehr als gelungenen Auftakt zu geben.
Tatsächlich, es ist eine Freude, eine solche hochqualifizierte, zuverlässige und zugleich in der Form bescheidene und angenehme Unterstützung zu finden. Auch durch solche Hilfen wurden unsere anspruchsvollen Projekte „ptm-Festival“ und „Freidenkerfahrt“ zu schönen Erlebnissen und zu Ereignissen, deren (erweiterte) Neuauflagen im nächsten Jahr wir bereits beschlossen haben.