Wolfgang Gehrke (MdB, „Die Linke“) wirbt für einen Antrag an den Parteitag der Linkspartei (28. und 29. 5. 2016) aus Anlass des 75. Jahrestages des Überfalls des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion. Er schreibt:
„Liebe Genossinnen und Genossen,
das Verhältnis Deutschland-Russland bzw. Europa-Russland ist derzeitig die zentrale Frage, wenn es um die Sicherung des Friedens in Europa geht. Auch die Kriege im Nahen Osten, der Krieg in Syrien, ist ohne Kooperation mit Russland nicht zu beenden. Vielfach wird die Feststellung „Sicherheit ist Sicherheit mit Russland, und nicht gegen Russland“, unterstützt. Auch für die Partei DIE LINKE. ist diese Frage von zentraler Bedeutung.
Am 22. Juni jährt sich das Datum des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion zum 75. Mal. Der Überfall des faschistischen Deutschlands war die größte geschichtliche Katastrophe im 20. Jahrhundert. Es gibt viel Anlass die Erinnerung daran lebendig zu halten; gerade wenn man es ernst meint mit der Schlussfolgerung nach 1945 „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“. Aus diesen Gründen wäre es gut, wenn sich der Parteitag der Partei DIE LINKE. auch mit dem deutsch-russischen Verhältnis beschäftigen würde. Aus diesem Grunde haben wir einen Antrag zur geschichtlichen Rückerinnerung erarbeitet und würden uns freuen, wenn er Dein Interesse findet.“
Der formulierte Antrag hat den folgenden Wortlaut:
„Frieden mit Russland – Verständigung in Europa –
Nein zu Faschismus und Krieg
Vor 75 Jahren, am 22. Juni 1941 überfiel das faschistische Deutschland die Sowjetunion. 153 Divisionen der Wehrmacht mit 3 Millionen Soldaten fielen über das Land her. Hinzu kamen Soldaten der mit Hitler-Deutschland verbundenen Staaten Rumänien, Ungarn, Finnland, der Slowakei und Italien. Knapp vier Jahre kämpfte die Rote Armee gemeinsam mit den anderen Alliierten und dem antifaschistischen Widerstand in ganz Europa gegen diese Barbarei. Die Sowjetunion trug die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus. 27 Millionen Sowjetbürger wurden Opfer des Vernichtungskrieges. 14 Millionen Zivilisten, darunter 2 Millionen sowjetische Juden, überlebten die faschistische Barbarei ebenso wenig, wie 2 Millionen sowjetische Kriegsgefangene.
8 von 10 in Sowjetrussland am Ende des 1. Weltkrieges geborene Männer wurden Opfer des Krieges. Allein die Blockade von Leningrad kostete über 1 Million Menschen das Leben. In Belo-Russland wurden 628 Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und die Einwohner bestialisch ermordet. Die Wehrmacht hinterließ 2 Millionen Quadratkilometer verbrannte Erde.
Im „Hungerplan“ des faschistischen Deutschlands und im Generalplan Ost wurde der Hungertod von Millionen Menschen einkalkuliert. Der Politik der verbrannten Erde fielen 6 Millionen Gebäude zum Opfer; 25 Millionen Menschen wurden obdachlos. 31.850 Betriebe, in denen 4 Millionen Beschäftige einen Arbeitsplatz hatten und 98.000 Kolchosen wurden gänzlich oder teilweise zerstört, ebenso ungezählte Schulen, Lehranstalten und Kultureinrichtungen.
Aus dieser finstersten Zeit deutscher Verbrechen in Europa gibt es nur eine Lehre: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg.
Wir wollen endlich wieder eine gute Nachbarschaft mit Russland.
Über all das muss heute geredet und nachgedacht werden. Konsequenzen sind vonnöten. Nach Jahrzehnten des Schweigens ist endlich durchgesetzt worden, die Schoah als einzigartiges, monströses Verbrechen an den europäischen Jüdinnen und Juden anzuprangern. Das war und ist absolut notwendig und richtig. Anzuprangern ist ebenso die faktische Vernichtung von 27 Millionen Bürgerinnen und Bürgern der Sowjetunion, von denen die meisten Russen waren. Den Respekt vor den Ermordeten fordern wir dringend ein. Wir erwarten, dass das Trauma von Russinnen und Russen, von Bürgerinnen und Bürgern anderer ehemaliger Sowjetrepubliken angesichts der von ihnen erbrachten gewaltigen Opfer erstgenommen wird. Schon allein der Respekt vor den Opfern erfordert gerade von Deutschland eine Politik der guten Nachbarschaft zu Russland. Stattdessen hat das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland einen Tiefpunkt erreicht. Der Graben zwischen beiden Ländern darf sich nicht weiter vertiefen. Ein Cordon-Sanitaire seitens der NATO um Russland liegt auch nicht im deutschen Interesse. Legitime russische Interessen in Europa müssen berücksichtigt werden. Der Graben zwischen Russland und Europa, zwischen Deutschland und Russland darf nicht weiter vertieft werden. Der feindselige Ton in Medien und in der Politik muss einer Wiederannäherung, einer Entspannung der Beziehungen weichen. Wir wollen endlich wieder eine gute Nachbarschaft mit Russland.
Deshalb: Sechs Vorschläge für eine zivile europäische Entspannungspolitik.
Erstens: Der Versuch, Russland zu isolieren, muss zugunsten eines Systems der europäischen Sicherheit aufgegeben werden. Als erster Schritt zur Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems unter Einbeziehung Russlands muss die weitere Ausdehnung der NATO und die Stationierung von NATO-Einheiten an der russischen Westgrenze beendet werden. Die Erhöhung des Rüstungsetats der NATO-Staaten – gefordert werden 2 % des Bruttoinlandproduktes – muss gestoppt werden. Gerade jetzt, da die Kriegsgefahr durch das Agieren des westlichen Militärbündnisses gestiegen ist, muss Deutschland aus den militärischen Strukturen der NATO austreten und die Bundeswehr dem Oberkommando der NATO entzogen werden.
Zweitens: Dem Sicherheitsbedürfnis aller europäischen Staaten einschließlich Russlands ist zivil Rechnung zu tragen. Dafür bieten die Schlussakte von Helsinki 1975 und die OSZE-Charta von Paris für ein neues Europa 1990 wichtige Ausgangspunkte. In diesem Sinne soll Deutschland zur Stärkung der OSZE, deren Vorsitz die Bundesrepublik 2016 übernimmt, beitragen. Überall in Europa muss dem Rassismus und Nationalismus entgegengetreten werden. Militärische Konfrontation ist auch ein Nährboden für Nationalismus und Rassismus, in Ost und West, in Russland wie in Frankreich und auch in Deutschland. Militärische Konfrontationen liefern die Begründung für Aufrüstung und Demokratieabbau, für die Schaffung staatlicher und nichtstaatlicher Feindbilder.
Drittens: Das Völkerrecht ist neu zu beleben. Gerade sein Bruch bei der Abspaltung des Kosovo von Serbien und die Sezession der Krim mahnen nachdrücklich dazu. Für alle Staaten in Europa muss gelten: Verzicht auf Gewalt und die Androhung von Gewalt, unbedingter Respekt der politischen und territorialen Integrität der Staaten in Europa. Alle politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland sind aufzuheben. Dafür sollte Deutschland in der EU die Initiative ergreifen.
Viertens: Schritte zur europäischen Entspannung sollten die Autorität der Vereinten Nationen, globale Abrüstung und Gerechtigkeit wiederbeleben. Dies kann nur gelingen, wenn ein neues Vertrauensverhältnis zu Russland aufgebaut wird. Das ist auch von grundlegender Bedeutung, um die Beendigung der Gewalt im Nahen und Mittleren Osten und ein tatsächliches Ende des Krieges in Afghanistan zu erreichen.
Fünftens: Die Ukraine braucht Frieden, Demokratie und eine Entmachtung der Oligarchen. Der Weg dorthin muss unterstützt werden. Eine militärische Lösung der schweren Krise in der Ukraine darf es dagegen nicht geben. Das Abkommen Minsk II muss eingehalten werden. Eine darin vereinbarte Verfassungsreform soll von der EU in Abstimmung mit Russland begleitet werden. Dabei ist auf die Neutralität der Ukraine, die Entwaffnung nationalistischer sogenannter Freiwilligenbataillone, das Verbot neofaschistischer Organisationen und Propaganda und auf die Stärkung föderativer Staatselemente zu achten.
Sechstens: Die sinnvolle europäische Alternative ist ein grundlegender Kurswechsel in Richtung sozialer Gerechtigkeit, Entspannung und Frieden, von Ausbau und Vertiefung der Demokratie, Frieden mit Russland und einer nicht gewaltsamen Lösung der Ukraine-Krise. Sonst besteht die Gefahr eines großen Krieges in Europa, einer militärischen Konfrontation NATO/USA gegen Russland. Diese Gefahr muss erkannt und ihr muss entschieden entgegengetreten werden. Eine europäische Friedensbewegung ist heute dringend nötig. Eine neue Konferenz für Sicherheit und Entspannung – „Helsinki plus 40“ – muss in Angriff genommen werden. Diese Staatenkonferenz soll durch zivilgesellschaftliche Akteure, Friedensbewegungen, antifaschistische Organisationen und ökologische und soziale Initiativen begleitet und vorangetrieben werden. Dies zu befördern ist Aufgabe einer neuen deutschen und europäischen Ostpolitik.
Berlin, den 11.04.2016″
Beispiel eins:
Was steckt hinter den „Panama Papers“? von Ernst Wolff. Selber lesen. Auch die Kommentare sind lesenswert.
Beispiel zwei:
KenFM im Gespräch mit: Dr. Rainer Rothfuß (2016). Für mich u. a. besonders aufschlussreich ab Minute 23:30, wo mensch seltene Internas über die Funktionsweise sogenannter NRO (korrekter: RHO – RegierungsHilfsOrganisation) erfährt.
Von unserem Friedensfreund Thomas Bauer erreichte uns (bereits am 25.3.2016) diese Anmerkung zum Ostermarsch 2016:
„Eine glaubwürdige Botschaft aus der Friedensbewegung zum Ostermarsch 2016 muss die Forderung des Austritts Deutschlands aus der NATO sein!“
Zugleich verwies Thomas auf das Gespräch von KenFM nit Eugen Drewermann in dem zur Sprache kam „die Absicht der US-Regierenden einen atomaren Enthauptungsschlag gegen Russland führen zu wollen.“
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Thomas Bauer ist Aktivist der Hannoverschen radikal pazifistischen Initiative: Kein Militär mehr!
Hier geht es zur Unterschriftenliste für ihren Aufruf: „Kein Krieg in meinem Namen!“
zu einer Informationsveranstaltung mit Nadiia Melnychenko, Journalistin (Timer, Odessa) und Kyrylo Shevchuk, Jurist und Verteidiger von Betroffenen des Odessa-Massakers sowie der Regierungskritiker, die Im Frühjahr 2015 verhaftet wurden.
Beide starten ihre Rundreise durch europäische Städte hier in Berlin und werden
am Freitag, den 5. Juni 2015
über die Situation in der Ukraine berichten sowie Eure Fragen beantworten.
Beginn: 17.30 Uhr,
Ort: Räume der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. (GBM), Weitlingstraße 89, 10317 Berlin*.
Die Räume sind ab 17 Uhr geöffnet. Wir freuen uns auf Euer Kommen.
*Zur Anfahrt: bis S+U Lichtenberg (Berlin), Ausgang Weitlingstr., nach rechts etwa 15-20 min. Fußweg, oder mit Bus 240 (alle 10 min.), 2 Haltestellen.
i.A. Uta und Edi Mader, Mitglieder im Leitungskollektiv der Berliner Freidenker